Berthe Morisot
Pionierin des Impressionismus und unterschätzte Kunstrebellin
Geboren: 14. Januar 1841 in Bourges, Frankreich
Verstorben: 2. März 1895 in Paris, Frankreich

Wer war Berthe Morisot?
Berthe Morisot war eine der zentralen Figuren des französischen Impressionismus – und zugleich eine der am stärksten unterschätzten. Als Berthe Marie Pauline Morisot geboren, war sie nicht „nur“ Teil der Bewegung rund um Monet, Renoir und Degas, sondern eine ihrer treibenden Kräfte. Museen wie die National Gallery in London und das Musée d’Orsay führen sie heute explizit als bedeutende Impressionistin, deren lichtdurchflutete Szenen von Frauen, Kindern und Gärten den Blick auf die Moderne verändert haben.
Während viele Zeitgenossen ihre „skizzenhafte“ Malweise als skandalös abtaten, sehen aktuelle Ausstellungen und Forschungen in Berthe Morison eine Künstlerin, die mit ihrer Perspektive auf das bürgerliche Frauenleben ganze Bildwelten neu definiert hat.
Kindheit, Familie & frühe Ausbildung
Bourgeoises Umfeld und kreative Schwestern
Berthe Morisot wurde am 14. Januar 1841 in Bourges geboren. Ihr Vater Edmé Tiburce Morisot war ein hoher Verwaltungsbeamter (Präfekt), ihre Mutter Marie-Joséphine-Cornélie Thomas entstammte einer gebildeten, kunstaffinen Familie.
Die Familie zog früh nach Paris (Stadtteil Passy), wo Berthe, ihre Schwestern Edma und Yves Morisot sowie ihr Bruder im kulturellen Milieu der großbürgerlichen Hauptstadt aufwuchsen. Für Töchter wie sie war eine private Kunstausbildung „standesgemäß“, aber keineswegs auf eine professionelle Karriere ausgerichtet.
Erste Zeichenstunde, erster Louvre – wie ihre Passion begann
Bereits in ihrer Jugend erhielten Berthe und Edma Morisot strukturierten Kunstunterricht bei Geoffroy-Alphonse Chocarne und später bei Joseph Guichard, der in Paris ein Atelier für Frauen leitete. Ein zentraler Primärbeleg ist Guichards Brief an den Vater, Tiburce Morisot, in dem er ausdrücklich warnt, die beiden Mädchen könnten „wirklich Malerinnen werden“ – ein Hinweis darauf, dass er ihr Talent für außergewöhnlich hielt und dass die Ausbildung nicht als bloßes „Damenhobby“ gedacht war.
Given your daughters’ natural gifts, it will not be petty drawing-room talents that my instruction will achieve; they will become painters. Are you fully aware of what that means? It will be revolutionary.
Ab 1858 arbeiteten die Schwestern regelmäßig als Kopistinnen im Louvre, einer der wenigen offiziell zugänglichen Ausbildungswege für Frauen. Das belegen die Registrierungsbücher des Louvre sowie zeitgenössische Berichte, die dokumentieren, welche Künstler*innen eine Kopiererlaubnis erhielten.
Diese frühe, professionell strukturierte Ausbildung – unterstützt durch das kulturell offene Elternhaus – legte nachweislich den Grundstein für Berthe Morisots spätere Karriere als zentrale Figur des Impressionismus.
Schülerin von Corot – Der Weg ins Freie
Ab etwa 1860/61 erhielten Berthe und Edma Morisot Unterricht bei Jean-Baptiste-Camille Corot, einem zentralen Vertreter der Barbizon-Schule. Dies ist durch Briefe der Familie Morisot (Rouart, 1950) sowie durch frühe kunstkritische Texte aus dem Umfeld Morisots belegt. Corot führte die beiden Schwestern an die Arbeit en plein air heran und ließ sie in Ville-d’Avray und Umgebung Landschaftsstudien anfertigen. Kunsthistorische Analysen (u. a. Higonnet 1990; Garb 1994) zeigen, dass Morisots frühe Werke deutlich von Corots atmosphärischer Lichtführung und seinen weich modulierten Formen geprägt sind – Einflüsse, die später in ihren impressionistischen Arbeiten weiterentwickelt wurden.
Aufbruch in die Pariser Kunstszene
Die ersten Salon-Erfolge
Mit Anfang 20 begann Berthe Morisot, sich in der Pariser Kunstwelt bemerkbar zu machen. 1864 reichte sie erstmals Werke beim Salon de Paris ein, dem wichtigsten jährlichen Kunstwettbewerb Frankreichs, und beide Arbeiten wurden angenommen – ein bemerkenswerter Erfolg für eine junge Künstlerin in einem streng von Männern dominierten Umfeld.
In den folgenden Jahren stellte sie fast jedes Jahr aus, immer wieder unter den prüfenden Augen der Jury. Morisot erkannte früh die engen Grenzen, die Frauen in der Kunst gesetzt waren: Historienbilder blieben weitgehend tabu, Aktstudien nach männlichen Modellen gesellschaftlich undenkbar. Doch statt sich den Erwartungen einer „dilettierenden Dame“ zu fügen, entwickelte sie bewusst ihren eigenen Stil, der bereits Vorläufer des Impressionismus zeigt – durch lockere Pinselstriche, das Spiel von Licht und Farbe und eine intime, atmosphärische Darstellung von Alltagsszenen.
Vom Salon zur Revolution: Anschluss an die Impressionisten
Ende der 1860er Jahre lernte Berthe Morisot Édouard Manet kennen – eine Begegnung, die ihr künstlerisches Leben entscheidend prägen sollte. In Manets Pariser Umfeld knüpfte sie Kontakte zu Künstlern, die später unter dem Label „Impressionisten“ berühmt wurden: Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Edgar Degas und Camille Pissarro. Morisot gehörte von Beginn an zum inneren Kreis dieser Gruppe, wie Museen und Ausstellungskataloge heute betonen.
1874, als die Künstler ihre erste unabhängige Impressionisten-Ausstellung organisierten, lehnte Morisot eine erneute Teilnahme am traditionellen Salon ab und schloss sich stattdessen den neuen Ausstellungen an. Zwischen 1874 und 1886 nahm sie an sieben der acht Impressionisten-Schauen teil – die einzige Frau, die so kontinuierlich präsent war. Aufgrund dieser herausragenden Rolle wird sie oft als „erste Frau des Impressionismus“ bezeichnet und gilt als zentrale Figur für die Entwicklung der Bewegung.
Berthe Morisot und Édouard Manet – Muse, Kollegin, Sparringspartnerin
Eine intensive künstlerische Beziehung
1868 begegnete Édouard Manet Berthe Morisot im Louvre, wo sie als Kopistin arbeitete. Er zeigte großes Interesse an ihrer Arbeit und Persönlichkeit, und Morisot wurde schnell zu einer zentralen Bezugsperson in seinem Pariser Künstlerkreis. Manet porträtierte sie mehrfach, unter anderem auf dem Balkon, mit Fächer und mit Schleier, wobei die Werke nicht nur seine Faszination zeigen, sondern auch den respektvollen Blick auf eine eigenständige Künstlerin.
Ihre künstlerischen Gespräche und Techniken beeinflussten sich gegenseitig: Morisots leichter Pinselstrich, die Betonung von Licht und Atmosphäre, spiegeln sich in Manets Arbeiten wider, während sie von seiner modernen Auffassung von Komposition und Sujet lernte. Ausstellungen wie „Manet & Morisot“ in San Francisco betonen heute diesen wechselseitigen Austausch und rücken Morisot weg vom traditionellen Bild der Muse hin zu einer eigenständigen, innovativen Mitgestalterin der Moderne.
„Berthe Morisot mit Veilchenstrauß“ – ein ikonisches Bild des 19. Jahrhunderts
Das Gemälde „Berthe Morisot mit Veilchenstrauß“ (Berthe Morisot au bouquet de violettes, 1872) von Édouard Manet gilt als eines der ikonischsten Werke des 19. Jahrhunderts. Das Porträt zeigt Morisot in einem schwarzen Trauerkleid, mit dramatischer Lichtführung und einem fast unsichtbaren Veilchenstrauß.
Kunsthistoriker:innen betonen die emotionale Intensität des Bildes: Morisot wirkt ernst, nachdenklich, fast entrückt. Zahlreiche Studien und Ausstellungskataloge (u. a. Musée d’Orsay, Paris) unterstreichen die besondere Beziehung zwischen Manet und Morisot – künstlerisch wie persönlich – ohne dabei die Rolle Morisots als eigenständige Künstlerin zu übergehen.
Das Werk reflektiert auch die patriarchale Kunstgeschichte: Morisot taucht zunächst als Modell in den Kanon ein, während ihre eigenen Errungenschaften als Malerin lange unterbewertet wurden.
Ehe mit Eugène Manet und das Künstlernetzwerk
1874 heiratete Berthe Morisot Eugène Manet, den Bruder Édouard Manets. Er war ein ruhiger und unterstützender Partner, der ihre künstlerische Laufbahn förderte, statt sie einzuschränken. 1878 wurde ihre Tochter Julie Manet geboren, die später mehrfach von Berthe Morisot porträtiert wurde.
Die Familie verbrachte viel Zeit an der Normandieküste, in England und in Pariser Vororten – Landschaften, die sich in Berthe Morisots Gemälden wiederfinden. Nach Berthe Morisots Tod im Jahr 1895 übernahm Pierre-Auguste Renoir die Vormundschaft für Julie. Renoirs Gemälde Berthe Morisot and her daughter Julie Manet (1894) zeigt die enge Verbindung zwischen Renoir, Morisot und ihrer Familie.
Berühmte Kunstwerke von Berthe Morisot – Motive und Schlüsselwerke
Intime Innenräume und Familienszenen
Museen und Kataloge beschreiben Berthe Morisots Werke als leuchtende, zarte Momentaufnahmen des bürgerlichen Lebens: Mütter mit Kindern, Kinderzimmer, Gärten, Balkone; Frauen beim Lesen, Nähen, Ankleiden oder im Gespräch; Interieurs mit geöffneten Fenstern, die den Blick nach draußen lenken.
Diese Motive sind dabei nicht Ausdruck „weiblicher Harmlosigkeit“, sondern eine bewusste künstlerische Strategie: Da Morisot der Zugang zu vielen öffentlichen Räumen verwehrt blieb, transformierte sie das Private zu einem radikal modernen Thema und hinterfragte so die gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit.
Viele Berthe-Morisot-Portraits zeigen Frauen aus ihrem Umfeld: Schwestern, Nichten, Dienstmädchen, ihre Tochter Julie. Ein Schlüsselwerk ist das Ölbild „Paule Gobillard“ (1887) – die Nichte der Künstlerin mit Pinsel in der Hand, konzentriert vor der Staffelei. Das Gemälde hängt im Musée Marmottan-Monet.
Berthe Morisot – Zwei Schwestern (1869)
„Two Sisters“ von Berthe Morisot zeigt zwei junge Frauen, die eng beieinander sitzen und in einem stillen Moment des Zusammenseins dargestellt sind. Morisot fängt keine formale Porträtsituation ein, sondern eine intime, alltägliche Szene: die Schwestern wirken vertraut, beinahe verschmolzen im gemeinsamen Blick nach außen. Die lockeren, vibrierenden Pinselstriche – typisch für Morisot – geben dem Bild eine leichte, atmosphärische Qualität, während die hellen Pastelltöne und das weiche Licht die Nähe zwischen den Figuren betonen.
Inhaltlich spricht das Werk von weiblicher Gemeinschaft und stiller Verbundenheit. Anstatt klare Konturen und Details zu setzen, konzentriert sich Morisot auf Stimmung und Beziehung: Die Figuren scheinen weniger porträtiert als empfunden. Das macht das Bild zu einem poetischen Moment des Innehaltens, der die Emotionalität und Feinheit von Morisots impressionistischer Bildsprache besonders deutlich zeigt.

Berthe Morisot - Deux Soeurs (1869)
Berthe Morisot – Die Wiege (1872)
Das Gemälde „The Cradle“ von Berthe Morisot, entstanden 1872, zeigt eine Mutter beim liebevollen Beobachten ihres Kindes in der Wiege. Die Szene spielt in einem privaten Innenraum, einem wiederkehrenden Motiv in Morisots Werk, das das häusliche Leben und die Rolle der Frau im bürgerlichen Haushalt ins Zentrum rückt.
Morisot verwendet ihre charakteristischen, lockeren Pinselstriche, um Licht und Schatten im Raum weich und atmosphärisch darzustellen. Der Blick des Kindes und die Haltung der Mutter werden durch feine Farbnuancen hervorgehoben, wodurch eine intime, fast meditative Stimmung entsteht.
Das Gemälde illustriert, wie Morisot das Private in ein bedeutendes künstlerisches Thema transformierte: Sie machte alltägliche Momente zu tiefgründigen Bildkompositionen, die nicht nur Dokumente häuslicher Szenen, sondern Ausdruck ihrer künstlerischen Vision sind.
Berthe Morisot - Le Berceau (1872)
Berthe Morisot – Der Psyche-Spiegel (1876)
“La Psyché” von Berthe Morisot, gemalt 1876, zeigt eine zarte, intime Szene, in der eine junge Frau vor einem Spiegel steht. Morisot fängt den flüchtigen Moment des Selbstbetrachtens ein, wobei Licht und Farben weich und harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Die Pinselstriche sind locker und impressionistisch, wodurch die Atmosphäre leicht und träumerisch wirkt. Die Darstellung der Frau vermittelt Ruhe, Nachdenklichkeit und einen Hauch von Sensibilität, typisch für Morisots Interesse an privaten, weiblichen Alltagsszenen.
Das Gemälde spiegelt die Aufmerksamkeit Morisots für Lichtreflexe und subtile Farbtöne wider, die den Eindruck von Bewegung und Lebendigkeit erzeugen. Gleichzeitig betont die Komposition die Intimität des Moments, indem die Figur im Vordergrund steht und der Spiegel nur schemenhaft die Umgebung andeutet. “La Psyché” ist ein Beispiel dafür, wie Morisot Impressionismus und persönliche, emotionale Darstellung vereint, wodurch sie eine der bedeutendsten Vertreterinnen dieser Kunstrichtung wird.

Berthe Morisot - La Psyché (1876)
Berthe Morisot – Liegende junge Frau in grau (1879)
„Young Woman in Grey Reclining“ (1879) zeigt eine elegant gekleidete junge Frau, die entspannt auf einem Sofa oder einer Chaiselongue liegt. Morisot fängt den Moment mit ihrer charakteristischen Leichtigkeit ein: Die Figur scheint nicht arrangiert, sondern wirkt natürlich, beinahe beiläufig in ihrer Ruhe. Das graue Kleid, nach dem das Bild benannt ist, ist nicht detailliert ausgearbeitet – vielmehr lösen sich Stoff und Konturen in feinen, schnellen Pinselstrichen auf, die den Eindruck einer flüchtigen Wahrnehmung vermitteln.
Das Gemälde ist ein typisches Beispiel für Morisots reife impressionistische Phase, in der sie weibliche Innenräume, Intimität und private Augenblicke darstellt. Die Farbgebung ist zurückhaltend und harmonisch, wobei das Licht weich über die Figur gleitet und die Atmosphäre von Stille und Leichtigkeit verstärkt. Die junge Frau wirkt gleichzeitig präsent und entrückt, als sei sie in Gedanken versunken. Morisot gelingt es damit, sowohl eine konkrete Szene als auch ein Gefühl einzufangen – ein stilles, elegantes Bild über Ruhe, Persönlichkeit und den poetischen Moment des Alltäglichen.

Berthe Morisot - Jeune femme en gris étendue (1879)
Berthe Morisot – Sommertag (1879)
„Summer’s Day“ (1879) zeigt zwei junge Frauen in eleganter Kleidung, die auf einem Boot oder einer Uferbalustrade sitzen und auf das geschäftige Treiben eines Sommertages blicken. Morisot wählt eine ungewöhnliche, leicht erhöhte Perspektive, die den Betrachter in die Szene hineinzieht und gleichzeitig das Wasser, die Boote und die Bewegung des Parks oder Sees im Hintergrund sichtbar macht. Die Frauen erscheinen selbstbewusst und modern, jedoch in stiller Kontemplation, als ob sie für einen Moment aus dem lebhaften Sommergeschehen herausgelöst wären.
Das Bild gehört zu Morisots bekanntesten Werken, weil es die Essenz des Impressionismus besonders klar zeigt: vibrierendes Licht, lebendige Farben und eine Atmosphäre spontaner Wahrnehmung. Die schnellen, luftigen Pinselstriche machen die Szene dynamisch und doch intim, während die zarte Farbigkeit und die Eleganz der Figuren eine feine Balance zwischen Gesellschaftsporträt und Momentaufnahme schaffen. „Jour d’été“ ist damit ein ausdrucksstarkes Beispiel für Morisots Fähigkeit, weibliche Gegenwart, Modernität und Atmosphäre in einem poetischen visuellen Augenblick festzuhalten.
Berthe Morisot - Jour d’été (1879)
Berthe Morisot – Eugène Manet mit seiner Tochter im Garten (1883)
Berthe Morisots Gemälde Eugène Manet et sa fille au jardin von 1883 zeigt den Maler Eugène Manet, Bruder Édouard Manets, zusammen mit seiner kleinen Tochter im Garten. Morisot fängt einen friedlichen, intimen Moment zwischen Vater und Kind ein, umgeben von üppigem Grün und hellem Sonnenlicht. Die lockeren, impressionistischen Pinselstriche vermitteln Lebendigkeit und Frische, während die Farbpalette zarte Pastelltöne mit harmonischen Kontrasten verbindet. Das Bild strahlt Wärme und familiäre Zuneigung aus und unterstreicht Morisots Talent, alltägliche Szenen mit subtiler Emotionalität darzustellen.
Die Komposition betont die Nähe zwischen den Figuren und ihre Einbettung in die Natur. Der Garten wirkt zugleich realistisch und atmosphärisch, wobei Licht und Schatten die Tiefe des Raums verstärken. Morisot gelingt es, das Private und Intime in einer impressionistischen Leichtigkeit zu vermitteln, wodurch Eugène Manet et sa fille au jardin zu einem Beispiel für ihre sensiblen, persönlichen Darstellungen innerhalb des Impressionismus wird.

Berthe Morisot - Eugène Manet et sa fille au jardin (1883)
Berthe Morisot – Stockrosen (1884)
Berthe Morisots „Hollyhocks“ (1884) ist eines von Berthe Morisots lyrischsten Blumenbildern und zeigt eine Gruppe hoher, zart blühender Stockrosen vor einem hellen, sommerlichen Hintergrund. Anders als viele zeitgenössische Stilllebenmaler interessiert Morisot sich nicht für präzise botanische Darstellung, sondern für das atmosphärische Zusammenspiel von Farbe, Licht und Bewegung. Die Blüten wirken beinahe transparent, ihre Formen lösen sich in vibrierenden, schnellen Pinselstrichen auf, sodass ein Eindruck von Lebendigkeit und leichtem Wind entsteht.
Die Farbpalette ist von hellen, warmen Tönen geprägt – Rosa-, Weiß- und Gelbschattierungen stehen vor einem flirrenden, lichtdurchwirkten Hintergrund. Das Bild vermittelt den Eindruck eines direkten, spontanen Naturerlebnisses, als habe Morisot die Blüten im Moment ihres Betrachtens festgehalten. „Roses Trémières“ zeigt ihre Fähigkeit, selbst ein scheinbar einfaches Motiv wie Blumen in eine intensive Wahrnehmungsstimmung zu verwandeln und die Essenz eines Sommertages einzufangen – flüchtig, zart und voller Licht.

Berthe Morisot - Roses Trémières (1884)
Berthe Morisot – Selbstporträt (1885)
Das Selbstporträt von Berthe Morisot aus dem Jahr 1885 zeigt sie mit Pinsel in der Hand, in einem locker fallenden gelblichen Kleid und mit energischem Blick. Das Werk befindet sich heute im Musée Marmottan-Monet in Paris.
Der Stil zeichnet sich durch freie, sichtbare Pinselstriche aus; Hintergrund und Kleidung wirken nahezu skizzenhaft. Mit diesem Porträt präsentiert sich Morisot bewusst als künstlerische Persönlichkeit bei der Arbeit, nicht als dekoratives Objekt. Die Kombination aus Selbstinszenierung und „unfertiger“ Malweise macht das Porträt zu einem zentralen Beispiel für ihre unverwechselbare künstlerische Handschrift.

Berthe Morisot - Autoportrait (1885)
Sexistische Kritik – Vom „Wahnsinn“ zur Ikone
Berthe Morisot wurde 1876 von Kritikern wie Albert Wolff als „eine Frau unter fünf oder sechs Wahnsinnigen“ verspottet. Zugang zu Ateliers, Historienmalerei und öffentlichen Kunsträumen war ihr als Frau verwehrt, wodurch sie es deutlich schwerer hatte als ihre männlichen Kollegen. Trotz patriarchaler Hindernisse machte sie das Private zum radikal modernen Thema ihrer Kunst. Eugène Manet war so empört über die Unterstellungen, dass er den Kritiker beinahe zum Duell aufforderte. Heute gilt Morisot als zentrale Figur des Impressionismus.
Film, Dokumentationen & Bücher
- „MORISOT – The Heart is a Rebel“ (Dokumentarfilm, Regie u. a. Klaas Bense): untersucht ihr Leben aus heutiger Perspektive und inszeniert sie explizit als Inspiration für junge Frauen.
- „Berthe Morisot“ (TV-Film, 2012, Regie Caroline Champetier): spielt ihre frühen Kämpfe um Anerkennung in einer männlich dominierten Kunstwelt nach.
- „Berthe Morisot“ – wissenschaftlich fundierte Biografie zu Berthe Morisot von Anne Higonnet (Werbung*)
- Berthe Morisot: Compact paperback edition – Taschenbuch, 5. September 2023, Englisch, von Jean-Dominique Rey (Autor), Vorwort Sylvie Patry (Werbung*)
- Manet and Morisot – Gebundene Ausgabe, 28. Oktober 2025, Englisch, von Emily A. Beeny (Autor), Heather Lemonedes Brown (Mitwirkende) & 3 weitere. An intimate exploration of an artistic friendship at the heart of the Impressionist movement (Werbung*)
Bekannte Zitate von Berthe Morisot
- I don’t think there has ever been a man who treated a woman as an equal and that’s all I would have asked for, for I know I’m worth as much as they.
- My ambition is limited to the desire to capture something transient, and yet, this ambition is excessive.
- Real painters understand with a brush in their hand.
- It is important to express oneself… provided the feelings are real and are taken from you own experience.
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Auch unvergessen:
Bildquellen
- Titelbild: Charles Reutlinger, Public domain, via Wikimedia Commons (Anpassung: Hintergrund entfernt).
- Berthe Morisot (1869): Deux Soeurs. CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication, via Wikimedia Commons / National Gallery of Art.
- Berthe Morisot (1872): Le Berceau. Public domain, via Wikimedia Commons.
- Berthe Morisot (1876): La Psyché. Berthe Morisot, Public domain, via Wikimedia Commons.
- Berthe Morisot (1879): Jeune femme en gris étendue. Public domain, via Wikimedia Commons.
- Berthe Morisot (1879): Jour d’été. Public domain, via Rawpixel.
- Berthe Morisot (1883): Eugène Manet et sa fille au jardin. Public domain, via Wikimedia Commons.
- Berthe Morisot (1884): Rose Trémière. Public domain, via Wikimedia Commons.
- Berthe Morisot (1885): Autoportrait. Public domain, via Wikimedia Commons.
Textquellen
- Musée Marmottan Monet:
https://www.marmottan.fr/en/collections/berthe-morisot/ - Pfeiffer, Ingrid (Hg.) (2008): Meisterinnen des Lichts. Vier Geschichten zu den Impressionistinnen Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond. Ostfildern: Hatje Cantz. Amazon (Werbung*)
- Manet, Julie (1990): Das Tagebuch der Julie Manet. Eine Jugend im Banne der Impressionisten. München: Goldmann. Amazon (Werbung*)
- Bona, Dominique (2002): Berthe Morisot. Das Geheimnis der Frau in Schwarz. München: btb. Amazon (Werbung*)
- National Museum of Women in the Arts:
https://nmwa.org/art/artists/berthe-morisot/ - Higonnet, Anne (1995): Berthe Morisot. New York: Harper & Row. Amazon (Werbung*)
- Stuckey, Charles F. (1988): Berthe Morisot. Impressionistin. Stuttgart: Klett-Cotta.
- Lange-Eichbaum, Wilhelm; Kurth, Wolfram; Ritter, Wolfgang (Hg.) (1928/1986): Die Maler und Bildhauer. München: Reinhardt.
- Sello, Gottfried (2004): Malerinnen aus vier Jahrhunderten. Hamburg: Ellert & Richter.
- Pfeiffer, Ingrid; Hollein, Max (Hg.) (2008): Impressionistinnen. Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond. Ostfildern: Hatje Cantz. Amazon (Werbung*)
- Deutschlandfunk: „Berthe Morisot – Impressionistin der ersten Stunde“
https://www.deutschlandfunk.de/berthe-morisot-impressionistin-der-ersten-stunde-100.html - Roe, Sue (2007): Das private Leben der Impressionisten. Berlin: Parthas. Amazon (Werbung*)
- National Gallery of Art, Washington:
https://www.nga.gov/artists/1733-berthe-morisot














